Der Vizepräsident des europäischen Parlaments Othmar Karas im Interview mit Generalsekretär Mag. Maximilian Richter über die Wichtigkeit der EU-Wahl, den Kampf um Platz 1 und wie er Europa besser machen will.
Maximilian Richter: Weshalb ist die Wahl des EU-Parlaments für den Einzelnen wichtig?
Othmar Karas: Weil es darum geht wer Österreichs Gesicht in Europa ist. Ist es konstruktiv, weltoffen und bereit mitzugestalten, oder ist es feindselig und negativ. Es geht im Sinne jedes Einzelnen und jeder Einzelnen darum, wer die österreichischen Anliegen in Europa realistischer Weise erfolgreich vertreten und durchsetzen kann. Schließlich agiert das Parlament auf Augenhöhe mit Rat und Kommission, und entscheidet daher in allen Angelegenheit mit.
MR: Die Umfragen versprechen einen Dreikampf zwischen ÖVP, FPÖ und SPÖ um Platz 1. Wer wird sich durchsetzen und warum?
OK: Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Da ist alles drinnen. Ich denke, dass wir am Ende als Erste durchs Ziel gehen werden, wenn wir es schaffen entsprechend zu mobilisieren. Wenn möglichst alle, die Europa in erster Linie als Chance und nicht als Bedrohung sehen, die richtige Entscheidung treffen. Europa braucht gerade jetzt Kompetenz und Durchsetzungskraft.
MR: Sie haben kürzlich in einem Interview gesagt, die EU müsse der Bevölkerung näher gebracht werden. Wie kann das gelingen?
OK: Die Bürger brauchen mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung. Daher müssen wir das Europäische Parlament – die Bürgerkammer Europas – stärken. Keine Entscheidung soll mehr am Parlament vorbei getroffen werden. Meine klare Ansage ist, dass außerdem gleich nach der EU-Wahl ein Konvent über notwendige Reformen in der EU stattfinden soll. Dieser soll seinen Auftakt im Herzen Europas haben, in Wien. Ich will, dass dieser Prozess gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern geschieht und in einer europaweiten Volksabstimmung mündet.
MR: Wie soll die EU in 10 Jahren aussehen?
OK: Ich will, dass Europa in Kernbereichen besser wird. Im Sinne der vorherigen Antwort also demokratischer. Besser heißt außerdem stärker in der Welt, um nicht den Anschluss zu verlieren und weltpolitisch eine Rolle zu spielen. Es heißt auch verantwortungsvoller im Sinne eines Schuldenstopps und der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Und es heißt auch sozialer. Damit sind soziale Mindeststandards in allen Mitgliedsstaaten gemeint.
MR: Die Wahlbeteiligung bei den EU-Wahlen sinkt von Wahl zu Wahl immer mehr. Heuer wird es wohl nicht anders sein. Warum?
OK: Viele Menschen klagen darüber, dass sie zu wenig über die Arbeit des Europäischen Parlaments wissen und die EU so weit weg ist. Es ist daher meine Aufgabe, aber auch die Aufgabe aller politischen Kräfte in unserem Land und vor allem der Medien zu informieren und auf die Wichtigkeit der bevorstehenden Entscheidung hinzuweisen. Wir müssen an einem positiveren Bild der EU arbeiten. Die EU wird schnell zum Sündenbock für Dinge gemacht, für die sie nichts kann. So kommen zum Beispiel die meisten Regulierungswünsche aus den Mitgliedsstaaten. Wir im Parlament sorgen dafür, dass die Überregulierung abgebaut wird. Die EU-Kommission hat auf unseren Druck seit 2005 über 5500 Rechtsbestimmungen wieder aufgehoben.
MR: Herr Vizepräsident, im Namen des Österreichischen Akademikerbundes danke ich für das Interview und wünsche für die bevorstehenden Wahlen alles Gute!